Gottfried Leiber gehört zu der 1974 gegründeten „Arbeitsgemeinschaft Karlsruher Stadtbild e.V.“ Im Jahre 2010 war er zudem „Gründungsmitglied der Friedrich Weinbrenner Gesellschaft.“
Gottfried Leiber 90 Jahre – „Der Blick zurück“ (von Heinrich Hauss)
Gottfried Leiber wurde am 18. Juni 1929 in Karlsruhe geboren. Besuchte die Südendend-Grundschule und legte 1950 das Abitur im Goethegymnasium ab. Danach Studium der Theologie und Philosophie in Freiburg, dann in München. In München profitierte er von dem breiten Bildungsangebot. Dann Studium der Architektur an der Technischen Hochschule Karlsruhe bei Egon Eiermann, Otto Haupt, Otto Ernst Schweizer und Adolf Bayer. Nach dem Diplom 1961 Hauptassistent am Institut für Baugeschichte und Städtebau bei Arnold Tschira.
1964 begann Leiber seine Tätigkeit bei der Stadt Karlsruhe im Stadtplanungsamt. 1967 schloss er die Große Staatsprüfung mit der Ernennung zum Regierungsbaumeister ab. Von 1972 – 1992 war er Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Karlsruhe. 1976 bis zur Pensionierung 1989 stellvertretender Leiter des Stadtplanungsamtes. Beim Stadtplanungssamt war er zuständig für die städtebauliche Gesamtplanung (Flächen- nutzungsplan). Ab 1976 erweiterte sich sein Tätigkeitsfeld um den Flächennutzungsplan des Nachbarschaftsverbandes Karlsruhe (Stadt Karlsruhe und zehn Umlandgemeinden).
Nach der Versetzung in den Ruhestand im Jahre 1989 promovierte Leiber 1990 am Institut für Baugeschichte. Ab 1996 wurde seine Dissertation „Friedrich Weinbrenners Städtebauliches Schaffen für Karlsruhe“ bei Arnold Tschira und Wulf Schirmer in zwei Bänden veröffentlicht. Band I „Die Entwicklung der Stadt Karlruhe 1715-1800“ und Band II: „Die Planungen in der Zeit Weinbrenners 1801-1826“ im Jahre 2002.
Das Werk ist gekennzeichnet durch eine „unglaublich profunde Quellenarbeit“. „Auf der Grundlage ausgedehnter und sorgfältiger Studien der Akten und Pläne macht Leiber den Leser und die Leserinnen sowohl die Rahmenbedingungen wie die Einzelinteressen der am Planungsprozess Beteiligten nachvollziehbar“. Das Werk bereichert damit „die Stadtgeschichtsschreibung um ein grundlegende Werk zur Stadtbaugeschichte im 18.Jahrhundert. (Manfred Koch, Blick in die Geschichte Bd.2)
Seinen Vortrag und Aufsatz „Städtebau in Karlsruhe. Von der Gründung bis zum Ende der Ära Weinbrenner“ schließt Leiber folgendermaßen ab:
„Wir haben auf unserem Weg auch interessante Planungsgedanken kennen gelernt, die nicht weiterverfolgt wurden, gleichwohl denkwürdige Ideen geblieben sind. Fazit ist die Erkenntnis: Die Stadt hat stets ihre städtebauliches Erbe bewahrt, hat es jeweils nach den aktuellen Bedürfnissen behutsam weiterentwickelt. Daher rührt die Geschlossenheit des Karlsruher Stadtbildes in den Anfängen , zur Zeit Weinbrenners – und bis auf dem heutigen Tag.“ (Gottfried Leiber, Städtebau in Karlsruhe von der Gründung bis zum Ende der Ära Weinbrenner. In: Leben in der Fächerstadt.225 Jahre Karlsruhe. Karlsruher Beiträge Nr.6,September 1991.)
Als langjähriger stellvertretender Chef des Karlsruher Stadtplanungsamtes kennt er das „Spannungsfeld zwischen Wünschbarem und Machbarem“. in dem sich die Stadtplaner zu allen Zeiten bewegen“ (Manfred Koch). Aber eines meint Leiber bis auf den heutigen Tag von der Stadtplanung fordern zu dürfen, „Verständnis und Respekt gegenüber der gewachse- nen Gestalt der Innenstadt“. (Heinrich Hauß, Andreas Rossmann, „Unter dem Stadtniveau“ Karlsruhe verlegt dis Straßenbahn unter die Erde .BH 4/ 2017,S. 628)
Leiber durfte als Fachmann „Verständnis und Respekt gegenüber der gewachsenen Gestalt der Innenstadt“ als Selbstverständlichkeit erwarten. „Solcher Respekt aber verlangt höchst widersprüchliche Leistungen: Die vorhandene Stadt so umzubauen, dass sie die Interessen, Bedürfnisse und Hoffnungen der gegenwärtigen Bewohner erfüllt, ohne Geschichte zu vernichten, und ohne die Interessen, Bedürfnisse und Hoffnungen, die zukünftige Bewohner an die Stadt herantragen werden, im jedem Sinne des Wortes zu verbauen“. Respekt vor der gebauten Stadt bedeutet nicht Musealisierung der Stadt. (Walter Siebel, Die Kultur der Stadt, 2015, S.433)
Mehr Respekt vor der gebauten Stadt wäre nach Leiber gefordert gewesen. Aber es kam ab 2010 die Planung der USTRAB. KASIG plante die Stadt von unten her auf die Stadtgestalt! „Die USTRAB ist ein technisches Bauwerk, das ohne Rücksicht auf Stadtbild, Stadträume und Sichtbeziehungen realisiert wird“. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat am 5.10.2017 in einem Aufsatz unter dem Titel „Unter dem Stadtniveau“ von Andreas Rossmann die schlimmen Auswirkungen des rein technischen Bauwerks zur Sprache gebracht.
Gottfried Leiber kennt Karlsruhe seit seiner Kindheit und weiß deshalb, wie Karlsruhe einmal war – das Karlsruhe vor der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und das Karlsruhe der Nachkriegszeit bis etwa zum Abriss des Ständehauses. Kein Wunder , dass er über den „Stadtumbau“ der Innenstadt im letzten Jahrzehnt verstört ist. Leider wurde die Aufgabe, das berühmte Innenstadtbild als Erbe zu erhalten, nicht genügend wahrgenommen. Stattdessen folgten die Planungen jeweils einer dem Zeitgeist abhängigen Priorität wie z.B. der verkehrsgerechten Stadt, der fahrradgerechten Stadt, der Nachverdichtung, neuerdings eine Event- und Erlebnisstadt. Wir sehen heute, dass es eine Forderung gewesen wäre, architektonische Ensembles, städtebauliche Areale und Plätze einmal „in Ruhe zu lassen“ und nicht zu glauben, jeder Platz müsse „bespielt werden!“. Man hat in diesem Zusammenhang sogar gemeint, der Friedrichsplatz sei „untergenutzt“. (Gutachten zur Zukunftsfähigkeit Karlsruhes. BNN 22.5.2019).
Von Heinrich Hauß
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