
Das Haus Blumentorstraße 4 wurde wohl vor der Mitte des 19. Jahrhundert erbaut, das Dach um 1900 ausgebaut. Später ist es immer wieder modernisiert worden, die Erdgeschosszone verändert, eine Einfahrt zum Laden zugeschlagen. Wahrscheinlich ist im Innern des Hauses wenig Altsubstanz erhalten, auch wenn ja im äußeren, auch auf der Rückseite, noch ziemlich Altsubstanz vorhanden ist, hinten vor allem der hölzerne „Altan“ im Obergeschoss und der Abortanbau. Von der jüdischen Hausgeschichte ist bislang viel zu wenig bekannt, und die Tatsache, dass es lange im Besitz eine jüdischen Familie war und im NS-Staat brutal „arisiert“ wurde, ist vielleicht denkmalrechtlich nicht von Belang wohl aber stadtgeschichtlich besonders wichtig.
Offenbar bislang noch nicht im Blick steht das Hinterhaus, ursprünglich wohl Scheune, Stall und Bedienstetenwohnung. Es ist sehr authentisch erhalten. Auf dem Türsturz stehen die Initialen des Bauherrn I.G.S. und die Jahreszahl 1835. Dort haben sich als Besonderheit als Relikt der Badischen Revolution 1848/49 aus der Schlacht an der Obermühle zwei eingemauerte Kanonenkugeln und die Inschrifttafel „Den 25 ten / Juni 1849“ erhalten. Diese Tafel und die Kugeln bilden zweifellos „als Teil einer Sache“ aus heimatgeschichtlichen und wissenschaftlichen Gründen nach § 2 DSchG ein Kulturdenkmal. Dieses Faktum muss schleunigst in die Öffentlichkeit. War davon schon je die Rede?
Auch in diesem Fall von Stadtentwicklung müssten Stadtplanungsamt und Bauordnungsamt in ihren Gesprächen mit dem Investor darauf hinwirken, dass das Vorderhaus aus städtebaulichen und stadthistorischen Gründen in seiner Fassade, seiner Kontur und in der Materialität bleibt. Ansonsten könnte es durchaus ein Neubau werden. Mit Denkmalpflege hat das nichts zu tun, aber mit Stadtbildpflege, für die es aus den 70er und 80er Jahren auch in Karlsruhe viele Beispiele gibt. Etwa das „Rote Haus“ Ecke Wald- und Hans-Thoma-Straße, das Schweden-Palais gleich nebenan, das „Fischersche Haus“ Ecke Herren- und Ständehausstraße, Häuser im Zuge der Altstadtsanierung in der Zähringer Straße und am Fasanenplatz. Dort wurden auf Druck der Stadtverwaltung Hausdimensionen und Fassaden erhalten, dahinter neu gebaut.
Ein Abbruch des Hauses in der Blumentorstraße 4 wäre – wenn man Augen dafür hat – für das Durlacher Stadtbild am Hengstplatz tatsächlich eine Katastrophe, denn es bildet zusammen mit seinem Nachbarn zur Rechten einen wichtiges Element unmittelbar am Zugang zur Altstadt. Dass es gerade außerhalb der Gesamtanlage liegt, ist furchtbar, dadurch bedingt, dass man sich bei der Festlegung sicherlich daran störte, dass das große Anna-Leimbach-Haus links daneben ja auch schon keine alte Bebauung mehr darstellt. Und die alten Durlacher Vorstädte, etwa an der Pfinstraße, der Basler-Tor-Straße, der Badener Straße und der Pfinztalstraße waren nie im Fokus der Denkmalpflege. Wenn nun auch an dieser Stelle ein cooler Neubau kommt, der nach Landesbauverordnung wegen der Nachbarschaft links auch mindestens ein Stockwerk höher sein wird, und nach der aktuellen Architekturmode ein Flachdach kriegt, kippt die Struktur des Hengstplatzes völlig. Dass niedrige Haus rechts daneben wird dann nur schäbig wirken und früher oder später aus spekulativen Gründen im Nachverdichtungsdruck auch fallen.
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