Die Arbeitsgemeinschaft Karlsruher Stadtbild sieht in den anstehenden Veränderungen dieses zentralen Bereichs der denkmalgeschützten Gesamtanlage Durlach eine große Chance, eine der großen Karlsruher Bausünden der sechziger Jahre rückgängig zu machen.
Der Verein ist ganz ausdrücklich nicht der Auffassung, dass allein eine historisierende Rekonstruktion eine städtebauliche Verbesserung dieses zentralen Altstadtbereichs bringen könnte. Er hält durchaus auch an dieser Stelle ein „neues Bauen in alter Umgebung“ für möglich. Unverständlich aber ist es ihm, dass die Stadtverwaltung den inzwischen vorliegenden Entwurf tatsächlich realisieren möchte. „Wir vermissen bei diesem Entwurf jegliche Sensibilität gegenüber einem spezifischen Stadtraum, jeden Sinn für stadtbildprägende und für das ‚Gesicht‘ der Stadt unabdingbare Aspekte“, so Heinrich Hauss vom Vorstand der Arbeitsgemeinschaft.
Diese wichtige Blickbeziehung von der Marstallstraße und vom Weiherhof-Center auf den Prinzessinnenbau würde mit Neubau der Schloss-Schule verschwinden. Bis heute lässt sich hier die Flucht der mittelalterlichen Stadt- und Zwingermauer ablesen.
„Auch ohne ausschließlich für eine Rekonstruktion des barocken Dienerbaus zu plädieren oder das Prozedere der Verwaltung als unrechtmäßig hinzustellen“, betont Hauss, „wäre das gegenwärtig von der Stadt betriebene Projekt für die Gesamtanlage Durlach ein Unglück.“
Das bauliche Ergebnis würde die Durlacher Bürger, die für die Attraktivität der historischen Durlacher Altstadt bei ihren eigenen Häusern viele Auflagen in Kauf nehmen müssen, das bestehende Unverständnis darüber, was die Stadt selbst betreibt, nur noch steigern. Der Baubürgermeister, die Leiterin des Stadtplanungsamts und die Leiterin des Amtes für Hochbau und Gebäudewirtschaft stellen den städtischen Gremien und der Presse gegenüber die Angelegenheit als unumkehrbar dar, berufen sich auf das Wettbewerbsergebnis, ja sie betonen gerade die besondere Qualität des Entwurfs für seine Umgebung, die bei genauer Betrachtung einfach nicht zu erkennen ist.
Die Kritikpunkte aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft sind im Detail folgende:
- Durch die geplante Freilegung der Westfassade der Karlsburg an der Marstallstraße würde die sekundäre Rückseite des barocken Flügels, die ursprünglich nur auf einen Hinterhof ausgerichtet war und eine wenig attraktive Gestaltung hat, zu einer Hauptansicht. Die Wunde, die dem ehemaligen Residenzschloss der Markgrafen von Baden-Durlach mit der Beseitigung des barocken Dienerflügels, der diese Front ursprünglich verdeckte, in den 1960er Jahren zugefügt wurde, würde dadurch erst richtig ins Auge fallen. Der pavillonartige Schulneubau der 1960er Jahre, der nun fallen soll, nimmt wenigstens die alte Bauflucht auf.
- Die Konzentrierung des geplanten Baukörpers auf die Ecke von Marstall- und Prinzessenstraße mit einem Vorrücken der Baufluchten bis an die Straßeneinmündung, würde zu einer starken Verdichtung an dieser Stelle führen. Der Klotz des Neubaus würde sich wie ein Querriegel in die Flucht der Marstallstraße schieben. Nicht weniger als sieben Bäume, darunter vier besonders schöne, großkronige, die bisher den Schultrakt gnädig verschleiern, sollen hier geopfert werden.
- Der Neubauteil würde mit Brachialgewalt die Flucht der mittelalterlichen Durlacher Stadt- und Zwingermauer überbauen. Sie sind in der Achse zwischen den Bauteilen der Schule und in der Gasse neben Weiherhof-Center auch heute noch stadträumlich nachvollziehbar. Jede Altstadtführung macht Bürgerinnen und Bürger an dieser Stelle auf die reizvolle Blickbeziehung zwischen dem Prinzessinnenbau mit seinem Renaissanceziergiebel und dem Stadtmauerrest neben dem Weiherhof-Center aufmerksam. Die Weitertradierung dieser historischen Zäsur zwischen alter Stadt und ihrem Umfeld war selbst in den 1960er Jahren ein Grund für die Teilung der Schloss-Schule in zwei Baukörper. Dass diese für die Durlacher Geschichte so wichtige städtebauliche Struktur verschwinden soll, widerspricht allen Grundsätzen der Denkmalpflege in historischen Altstädten, die im Kontext des ehemaligen Residenzschlosses der Markgrafen von Baden-Durlach und im rechtlichen Rahmen einer Gesamtanlage nach § 19 des Denkmalschutzgesetzes eigentlich gewahrt werden sollte. Ebenso sehen wir, dass die geplante winkelförmige Umbauung der Karlsburg auf Süd- und südlicher Westseite eine problematische unattraktive Hinterhofsituation schaffen wird, die kaum mit dem Umgebungsschutz gemäß §15 vereinbar wäre.
- Der entstehende Neubau würde außerdem durch die geplante Fassadengestaltung des Architekturbüros Heid+Heid geprägt werden, die als „Furnier“ auch um den weiterbestehenden Baukörper des Schultrakts an der Prinzessenstraße herumgezogen werden soll. Formal betont sie in ihrer stark horizontal gliedernden Form und ihrer harten Materialität den Kontrast zu allen Bauten der Umgebung, möchte sich als „cooler“ Solitär gerieren. Das entspricht dem Zeitgeist der gegenwärtigen Architekturszene. Die Motive der Bandfenster mit ihren von Geschoss zu Geschoss versetzten Öffnungen und die bullaugenartigen Rundfenster sind augenblicklich freilich schon zum Schema gewordene Modeaccessoires. Dass diese zum Standard geworden sind, zeigt ein Blick auf die Fassaden des Umbaus der Heinrich-Hertz-Gewerbeschule in der Südendstraße, die gerade vom selben Architekturbüro für die Stadt durchgeführt wird.
So sieht die gerade vom Architekturbüro Heid+Heid realisierte neue Fassade der Heinrich-Hertz-Schule im Beiertheimer Feld aus: Bestimmend die horizontalen, von Geschoss zu Geschoss gegeneinander versetzten Bandfenster. Ganz ähnlich sieht die ebenfalls vom Büro Heid+Heid geplante Fassade der Schloss-Schule an der Prinzessenstraße aus: horizontale Bandfenster, von Geschoss zu Geschoss gegeneinander versetzt. Ist eine solche Standardlösung auch im historischen Bereich des ehemaligen Residenzschlosses der Markgrafen von Baden-Durlach denkbar? Ist sie als Lösung innerhalb der Gesamtanlage Altstadt Durlach tatsächlich akzeptabel?
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.