Quo vadis? Markgräfliches Palais

Markgräfliches Palais/ Rondellplatz Karlsruhe

Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft Karlsruher Stadtbild zum Wettbewerb der psd-Bank für den Neubau auf dem Areal des Markgräflichen Palais

Nur ganz kurz konnte die Öffentlichkeit einen Eindruck vom Ergebnis des Wettbewerbs zur Neubebauung des Areals des Markgräflichen Palais gewinnen, den der neue Eigentümer, die psd-Bank, ausgeschrieben hatte. Zur Verwunderung der Besucher der Ausstellung war dort weder das Programm der Ausschreibung noch die Zusammensetzung des Preisgerichts sowie das Protokoll der Beurteilung der Entwürfe einzusehen. Zwei der Entwürfe waren nicht einmal namentlich gekennzeichnet. Ein transparentes Verfahren sieht anders aus, wie überhaupt die Frage der Auswahl der zwanzig zum Wettbewerb eingeladenen Büros, nebulös bleibt. Auffällig ist, dass Karlsruher Architekten anscheinend bewusst ausgeschlossen wurden. Es drängt sich der Eindruck auf, dass dem Investor daran gelegen ist, eine breitere Diskussion über die bauliche Zukunft dieses für das historische Zentrum der Stadt so wichtigen Areals zu verhindern. Berichterstattung in den BNN

Die 16 eingereichten Projekte zeigen die ganze Palette aktuell modischer Investorenarchitektur, wie sie überall entsteht und die sich leider unfähig erweist, über Plattitüden hinaus sich mit den Besonderheiten des speziellen Ortes intensiv auseinanderzusetzen. Im Kontext der Karl-Friedrich-Straße und mit der Aufgabe, den als Relikt des ehemaligen Weinbrenner-Palais’ erhalten gebliebenen Portikus und die Fassade am Rondellplatz in das große Neubauvorhaben einzubeziehen, muss das besonders bedauert werden. Da wachsen in Computersimulationen am Rondellplatz Hochhäuser, da werden die erhaltenen klassizistischen Bauteile mit brutalistischen Terrassenstrukturen überbaut oder sogar in den Zustand der Kriegsruine zurückverwandelt. Ein namhafter Architekt scheut sich nicht, eine gerade in Stuttgart realisierte Lösung quasi als zweiten Aufguss für Karlsruhe vorzuschlagen. Auch wenn man anerkennen muss, dass die drei mit Preisen ausgezeichneten Entwürfe noch am ehesten für die Aufgabe geeignet erscheinen, so können auch sie nach Auffassung der Arbeitsgemeinschaft Karlsruher Stadtbild in der vorliegenden Form an dieser Stelle nicht realisiert werden.

Neubauprojekt „Markgräfliches Palais Karlsruhe“/ 1. Preis: Staab Architekten, Berlin

Beim erstprämierten Entwurf (Staab Architekten, Berlin) irritieren an der Außengestaltung – und nur zu dieser will sich die Arbeitsgemeinschaft äußern – vor allem die unregelmäßig aufgefaltete Dachlandschaft über den neuen Flügeln, in die für eine Ausnutzung bis unter den First zwerchhausartig riesige Glasflächen eingeschnitten werden sollen. In der Computerdarstellung sind diese künftig weithin spiegelnden Flächen beschönigend wiedergegeben, gegenüber der Schieferdeckung nur etwas heller grau getönt. Will man in der „Via Triumphalis“ mit seinen ruhigen Walm- und Giebeldächern tatsächlich ein solch fremdartiges Motiv hineinbringen, das selbst vom Marktplatz her sichtbar sein wird? So wünschenswert das vorgeschlagene Vorrücken der Seitenflügel auf die historische Bauflucht stadträumlich auch ist, die vorgeschlagene Lösung mit einem horizontalen Aufschlitzen im Erdgeschoss, einem Mezzanin mit überdimensional großen Fenstern und zwei Obergeschossen in vertikaler Rastergliederung harmoniert trotz der Aufnahme von Gesims-, Trauf- und Firsthöhe nicht mit den erhaltenen Weinbrenner-Fassade am Rondellplatz.

Neubauprojekt „Markgräfliches Palais Karlsruhe“/ 2. Preis: Günther Hermann, Stuttgart

Der zweite Preis (Günther Hermann, Stuttgart) belässt den Rücksprung der Flügel. Die Fassaden unterstreichen mit ihrem strikten Raster die Absetzung vom historischen Bestand. Die größere Ruhe hat aber auch eine Monotonie zur Folge, die mit den ursprünglich ungemein harmonischen und die Bauteile des Palais hierarchisch gliedernden Fassaden nichts mehr zu tun hat.

Neubauprojekt „Markgräfliches Palais Karlsruhe“/ 3. Preis: gmp, Hamburg

Der drittplazierte Entwurf (gmp International GmbH, Hamburg) sieht zwar an zurückgesetzten Flügeln eine Lochfassade vor. Deren Weiterführung in Gliederung und Materialität nach oben über die abgewalmten Dachflächen hinweg ist aber schlichtweg nichts als anderes als ein Modemotiv der Architektur der letzten zwei Dekaden, das sich längst ästhetisch abgenutzt und auch als wenig alterungsfähig erwiesen hat.

Die prämierten Entwürfe zeigen völlig divergierende Anteile in der Flächennutzung des Neubaus. Der Bauherr ist sich offensichtlich selbst noch nicht über seine konkreten Raumanforderungen im Klaren. Eine grundsätzliche Überarbeitung der prämierten Projekte scheint unerlässlich. Die Arbeitsgemeinschaft Karlsruher Stadtbild fordert mit Nachdruck, dass sich in diesem Zug die Büros noch einmal intensiv mit der Fassadengestaltung auseinandersetzen, um zu einer der Bedeutung und Tradition des Ortes adäquaten Lösung zu kommen, die auch die Chance hat, ästhetisch auf Dauer zu befriedigen.

Die Stadtverwaltung Karlsruhe hat sich mit ihrem Verzicht beim Vorkaufsrecht des Anwesens nicht der Pflicht entledigt, Sorge für eine qualitätsvolle bauliche Weiterentwicklung unter Berücksichtigung des baulichen Erbes zu tragen. Die Arbeitsgemeinschaft Karlsruher Stadtbild fordert: Städtebauliche Katastrophen wie die Zerstörung der Einheitlichkeit der Nordseite des Marktplatzes oder das Trauerspiel um eine Neufassung des Ettlinger Tores, bei denen sich die Stadt Investoren gegenüber völlig willfährig gezeigt hat, dürfen sich am Rondellplatz nicht wiederholen.